Der Weißbär in London (1)

 

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Der Weißbär in London

Weißbär-Episode 2 (Teil 1)

Durch Zufall kam gerade eine Concorde vorbei. Die Bordtoiletten waren defekt, so daß man kurz mal auf einer Eisscholle landen mußte, wo dann jeder sein Geschäft erledigen konnte. Der Weißbär schnappte sich eine Sonnenbrille und eine Zeitung, und setzte sich inzwischen auf einen bequemen Platz in der viel-zu-teuer-Klasse. Bald kam der rechtmäßige Platzbesetzer zurück und murmelte etwas kaum verständliches. Der Weißbär nahm den Hut des Passagiers und warf ihn zur Tür hinaus. Der Mann folgte seinem Hut (zumindest versuchte er es). Das Flugzeug hob inzwischen ab, und der Weißbär hatte seine Ruhe. Nach zwei endlos langen Stunden landete das Flugzeug, ohne daß seine Einzelteile davonspritzten. Kein Wunder, denn der Weißbär schlief zwischendurch ein und übernahm das Steuer diesmal ausnahmsweise nicht (was ihn im Nachhinein total ärgerte, wo er doch so gerne fliegt).

Der Flughafen sah in gewisser Weise trostlos aus. Der Weißbär wußte noch nicht einmal, wo er war. Die Menschen sprachen eine Sprache, die er zunächst gar nicht verstand (obwohl er dachte, alle Sprachen zu kennen). Aber das machte auch nichts, denn das Gekritzel überall konnte unser Weißbär immerhin lesen.

Der Weißbär ging gelangweilt durch die Straßen, wo ihm ein Feuerwehrauto entgegen kam, welches zudem noch auf der falschen Straßenseite fuhr. Das Feuerwehrauto sah doch etwas seltsam aus. Wie ein Hochhaus, so mit zwei Etagen (was dem Weißbären neu war, denn in Grönland braucht man nicht in zwei Etagen zu bauen). Das Feuerwehrauto hielt an, und der Weißbär dachte sich: ‘Man kann hier also auch mit einem Feuerwehrauto trampen?!’ Doch wo war der Schlauch, das Wasser und das Blaulicht? Wahrscheinlich ging es in diesem Land mehr nach Masse als nach Klasse. Das heißt, wenn viele Feuerwehrleute einen Eimer Wasser auf den Brand klatschen, wird das Feuer irgendwann auch gelöscht. Der Weißbär stieg also ein, und das Auto fuhr los. Während der Fahrt kam ein Feuerwehrmann in einer nicht-feuerwehrmann-gerechten Uniform, und kontrollierte die Fahrscheine.

Der Weißbär dachte sich, das ist nun doch ein bißchen albern.. Erst wird einem die Fahrt förmlich aufgedrängelt, und dann soll man auch noch dafür bezahlen. Der Feuerwehrmann kam also auch zum Weißbären und wollte dummerweise wirklich einen Fahrschein sehen.

Der Weißbär sagte zu diesem Kontrolleur: „Ich brauche keinen Fahrschein.“ Das war das erste, was ihm spontan in dieser Situation einfiel.

Daraufhin wurde der Feuerwehrmann wütend. „Entweder du bezahlst, oder du fliegst raus.“

Darauf sagte der Weißbär (dem der Sprachstil des Mannes überhaupt nicht gefällt): „Entweder du läßt mich in Ruhe, oder du fliegst raus.“

Der Kontrolleur dachte sich, es ist schon seltsam, daß ein sprechendes Tier mitfährt, aber daß es auch noch frech wird, konnte er überhaupt nicht fassen. Er versuchte, den Weißbären hinauszuzerren (er dachte wohl, er wäre stark?), aber der Weißbär war doch etwas zu schwer (und daß, obwohl er schon seit über sechs Stunden nichts mehr gegessen hatte).

Der Weißbär nahm den Mann und setzte ihn bei einer roten Ampel einfach an die frische Luft voller Abgase.

Also fuhr der Weißbär weiter, bis er an eine große Uhr kam, wo ein noch größeres Uhrwerk die Flußansicht verunstaltete. Der Weißbär stieg nun aus, denn er hatte nun keine Lust mehr. Und vielleicht müßte er dann noch ein Feuer löschen. Vor allem mußte er aber ein dringendes Geschäft erledigen. Er suchte ein Klo, und fand auch schon bald eine Treppe, was nach Weißbärenlogik nur eine Toilette sein konnte.

Als bodenlose Frechheit sah der Weißbär doch solche komischen Hindernisse, welche aufgingen, wenn man die Fisch-Express-Karte (oder zumindest ein billiger Abklatsch davon) in einen Automaten steckte, wo sie schon nach kurzer Zeit wieder herausflutschte.

Doch der Weißbär dachte sich: ’Ich springe einfach drüber. Was soll’s.’

Auch hier standen solche Wächter herum, welche den Weißbären aufhalten wollten. Das war dem Weißbären aber nun doch zu blöd. Er nahm einen der beiden Männer und schob ihn mit aller Wucht durch ein Tor mit einem roten Kreuz und der Aufschrift „no entry“. Ob es wohl weh getan hat? Aber das schien jetzt erst einmal egal zu sein, denn der Weißbär mußte dringend ein paar Eiswürfel in die Prärie setzen.

Er fuhr eine Rolltreppe hinab. Und dann noch eine. Auf einmal befand er sich (seiner Meinung nach) endlich auf dem Klo. Da dachte er sich: ‘Das ist aber ein niedriger Standard, aber was soll’s.’ Daraufhin erleichterte sich der Weißbär in der großen Rinne, wobei es schon Funken schlug. Kurz danach kam ein Zug angebraust. Der Weißbär wunderte sich. ‘Hier fahren die Züge auch schon durch’s Klo. Was ist das nur für ein Land.’

Nachdem sich die Tür wie durch ein Wunder öffneten, entschloß sich der Weißbär, einfach mal einzusteigen und mitzufahren. Die Leute in dem Zug schienen ziemlich desinteressiert zu sein. Auch durch ein Klo zu fahren, schien sie nicht sonderlich zu stören. Manche von ihnen lasen Zeitung. Oder taten so, als ob. Manche verkabelten ihre Ohren mit seltsamen Klängen. Andere wollten einfach nur wichtig wirken. Auch den Weißbären interessierten die neusten Börsennotierungen. Er wollte wissen, ob seine Fish-Company Aktien (eine Softwarefirma - nur Fischfilet) wieder einmal gestiegen sind (weil fallen konnten sie nicht mehr, da sie schon unten angelangt sind). Er nahm sich ganz einfach die Zeitung von einem konservativen Typen, der ohnehin schon zu viele Blicke auf die Zeitung verschwendet hatte. Er sollte sich doch lieber mal die Beine der weiblichen Fahrgäste anschauen (natürlich nur von denen unter 30 Jahren!).

Der Weißbär blätterte das halbvergammelte Blatt bis zur Börsenseite und stellte fest, daß seine Fish-Company im dreckigen Salzwasser baden gegangen ist, so daß er aus seinen Aktien Papierflieger bauen könnte. Somit zerfetzte er vor Wut dieses Wurstpapier und widmete sich dem angenehmen Teil von so einer Fahrt.

Er fragte doch gleich mal eine junge Dame, ob sie nicht mal mit ihm was trinken würde (was anderes fiel ihm gerade nicht ein). Doch die Frau war verwirrt. Noch nie hat sie ein Weißbär von links angequatscht. Noch dazu in der U-Bahn.

Doch der Weißbär sagte: „Du brauchst keine Angst zu haben, ich bin schon verlobt.“ Das war natürlich bloß ein billiger Trick, um interessanter zu wirken.

Die Frau sagte: „Na gut. Aber ich bin anspruchsvoll. Du kannst mich nicht mit jeder Brühe abfüllen.“

Na wer hätte denn so was gedacht. Schade, daß sie ein Mensch ist und keine Weißbärin. Aber der Weißbär ließ dieses Problem erst mal links liegen und stieg mit der jungen Dame an der nächsten Station aus. Schon bald sichteten beide ein recht annehmbares Lokal, wo sogar ein Leibeigener die Tür öffnete.

Die Frau, welche nicht mit ihren Reizen geizte, setzte sich mit dem Weißbären an einen romantisch wirkenden Tisch in der Nähe des Fensters. Da dachte sich der Weißbär doch gleich: ‘Das ist hier doch optimal. Da kann ich nachher schneller die Kurve kratzen.’

Zuerst wurde Champagner aufgetragen. Die Frau, welche sich übrigens als Jane ausgab (der Weißbär glaubte ihr nicht und verriet ihr natürlich auch nicht seinen richtigen Namen - vor allem, weil er ihn selbst nicht wußte), sagte, das prickelt so richtig und würde ihren Hals geschmeidig machen.

Nach drei Flaschen (eine für Jane und zwei für unseren Weißbären) wurden dann die härteren Geschütze aufgetragen. Zudem gab es noch ein paar delikate Fischgerichte. Der Weißbär wunderte sich jedoch, warum die Menschen so einen Aufwand um das Essen machen. Man würgt es runter, und das war’s im Grunde schon.

Nach der Flasche Whisky erzählte Jane schon ein paar Schwänke aus ihrer Jugendzeit, welche den Weißbären so interessierten wie die Durchsage neuer Laichgründe für Unterwasserfische. Aber das machte nichts, denn ab und zu mußte der Weißbär auch lachen, vor allem, weil Jane ab und zu vom Stuhl rutschte oder ihr Kopf auf den Tisch knallte.

Insgesamt war es noch ein ganz schöner Abend. Dann kam der Kellner mit der Rechnung über £ 700. Der Weißbär korrigierte: „Das heißt jetzt nicht mehr Pfund, sondern Kilogramm.“ Andererseits wunderte er sich, daß man hier nicht mit Geld, sondern mit Gewichten bezahlt. Doch der Weißbär sagte zum Kellner: „Übrigens bezahlt heute mal die Dame, weil ich schon die letzten zwei Male bezahlt habe.“

Das leuchtete dem Kellner natürlich ein und gab Jane die Rechnung, welche sie doch gleich mit ihrer Quark Express Kupfer Card beglich. Doch abgefüllt wie sie war, konnte Jane natürlich kaum noch auf ihren hocherotischen Beinen stehen. So mußte der Weißbär ihr natürlich helfen. Draußen kam zufälligerweise ein Taxi vorbei, welches der Weißbär gleich mal anhielt. Jane stammelt verzweifelt den Namen ihrer Straße, wo das Taxi dann auch hinfuhr. Der Taxifahrer wollte nun auch noch ein paar Pfund haben. Doch in dem Moment wurde Jane so schlecht, daß sie gleich das ganze Auto vollkotzte. Der Weißbär nutzte die Situation und sagte darauf: „Stimmt so, den Rest kannst du behalten.“ Was mit dem Taxifahrer geschah, soll uns nun nicht weiter interessieren.

 

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Stand: 04.03.07